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veröffentlicht am 29.08.2019

Novellierung des IDW S6 – Rückblick ein Jahr danach

Die Sichtweise des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) über konkrete Inhalte und Struktur von Sanierungskonzepten hat sich, für alle die mit Sanierungen betraut sind, zur Benchmark entwickelt, um gerichtsfeste Sanierungsgutachten zu erstellen. Der relevante Standard ist der IDW S6, der vor allem bei bankengetriebenen Sanierungen für die Gläubiger aus MaRisk-Gesichtspunkten benötigt wird.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat den lang diskutierten IDW-Standard: Anforderungen an Sanierungskonzepte (IDW S6) im August 2018 veröffentlicht. Er ersetzt mit Stand 16.05.2018 den alten S6 aus dem Jahre 2012. Nötig wurde die Novellierung aufgrund neuer Rechtsprechung des BGH sowie infolge von (kritischen) Rückmeldungen aus der Praxis. Vor allem die ausufernde Länge von Sanierungsgutachten in Folge der extensiven Anforderungen des IDW S6 wurde vielfach kritisiert und als nicht praktikabel, insbesondere im Hinblick auf kleinere und mittlere Unternehmen, erachtet.

Nachfolgend stellen wir, in einem Gastbeitrag von Daniel W. Flade - eXnet® das eXperten-netzwerk, eine Sichtweise zu den oben genannten Neuerungen im S6 dar.

 

Überblick und Kurzzusammenfassung

Die zentralen Änderungen, auch im Vergleich zum heiß diskutierten Entwurf, haben wir hier auf einen Blick zusammengefasst:

  • Anpassung des Eigenkapital-Begriffs – auch die Berücksichtigung von „wirtschaftlichem Eigenkapital“ ist zukünftig zulässig
  • Änderung bei der Forderung nach einer zumindest „branchenüblichen Rendite“ am Ende des Planungszeitraums
  • Deutliche Kürzung des Standards mit stärkerem Fokus auf kleinere und mittlere Unternehmen („KMU“)
     

Anpassung des Eigenkapital-Begriffs

Im ersten Punkt („wirtschaftlichem Eigenkapital“) ist das IDW der Kritik, die nach Veröffentlichung des Entwurfs im Herbst vergangenen Jahres aufgekommen war, deutlich entgegengekommen. Vielfach wurde aus der Sanierungspraxis kritisiert, dass der IDW S6 ein ausreichendes bilanzielles Eigenkapital von den betroffenen Unternehmen forderte – der Eigenkapital-Begriff somit nicht nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausgelegt werden sollte. In diesem Zusammenhang wäre z. B. das finanzwirtschaftliche Sanierungsinstrument des qualifizierten Rangrücktritts nicht berücksichtigungsfähig, weil Rangrücktritte nicht zu bilanziellem Eigenkapital nach den Vorschriften des HGB führen. Hier hat das IDW eine Ausnahmeregelung geschaffen. Wirtschaftliches Eigenkapital kann insofern auch bei der Beurteilung berücksichtigt werden, wenn es dem Unternehmen solange zur Verfügung steht, bis ein angemessenes (bilanzielles) Eigenkapital erreicht wird. Dies könnte zum Beispiel bei einem gewährten Darlehen verbunden mit einem qualifizierten Rangrücktritt sowie einer verbindlichen Belassenserklärung der Gesellschafter erfolgen. Gleichwohl wird dieses Entgegenkommen die Ausgestaltung von qualifizierten Rangrücktritten komplexer machen, so dass diese materiell einem Forderungsverzicht ähneln, was indirekt im Grunde zu einer Thesaurierungspflicht führt. Für Banken stellen diese Instrumente (Rangrücktritt, Forderungsverzicht, Debt-Equity-Swaps) ohnehin das letzte (geeignete) Mittel zur Sanierung dar.

 

Änderungen im Hinblick auf die Renditefähigkeit

Im Hinblick auf die geforderte Renditefähigkeit des Unternehmens hat das IDW keine Änderung vorgenommen. Für die Sanierung eines Unternehmens ist nach wie vor Voraussetzung, dass es durchgreifend saniert wird, infolgedessen die Rentabilität der unternehmerischen Tätigkeit wiederhergestellt ist und das Unternehmen somit aus eigener Kraft dauerhaft im Wettbewerb bestehen kann. Vor allem Banken würde ein Abstellen auf die dauerhafte Zahlungsfähigkeit (Kapitaldienstfähigkeit) ausreichen. Dies würde aus unserer Sicht aber zu kurz greifen und den Fokus zu stark auf die Gläubigerinteressen richten. Gerade die Eigenkapitalgeber sind mit Ihren Beiträgen im Rahmen von Sanierungen mitentscheidend und haben ein wirtschaftliches Interesse auf auskömmliche Renditen, die alle Stakeholder befriedigt (eine „Schwarze Null“ somit nicht ausreichend).
Das IDW hat darüber hinaus aber neue Möglichkeiten geschaffen die Renditefähigkeit zu beurteilen. Die alte Fassung des Standards setzte eine Renditefähigkeit voraus, die im letzten Planjahr zumindest am unteren Ende der „branchenüblichen Rendite“ liegen konnte. Das führte häufig dazu, dass der Planungshorizont ausgedehnt werden musste, was gleichfalls die Unsicherheit über den Eintritt des Turnarounds erhöhte. Nun wurde eine Alternative geschaffen für die Fälle, in denen ein Branchenvergleich nicht sinnvoll oder nicht leicht umzusetzen ist. Zur Beurteilung der Refinanzierungsfähigkeit ist künftig ist eine angemessene Rendite maßgebend. Neben der Branchenüblichkeit können somit auch andere Indikatoren für eine Angemessenheit wie zum Beispiel ein Investmentgrade-Rating oder das Verhältnis von Nettofinanzverschuldung zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen herangezogen werden.

 

Straffung des Inhalts des Standards

Die Fokussierung und Kürzung des Standards begrüßen wir. Die meisten Unternehmen, für die ein Sanierungskonzept erstellt wird, sind kleinere und mittlere Unternehmen. Diese haben häufig spezifischere Probleme als Groß-Konzerne, die es im Sanierungsgutachten zu benennen und im Rahmen der Maßnahmen zu verbessern gilt. Megatrends wie das Thema Digitalisierung und Personalmanagement stellen KMU vor größere (finanzielle) Herausforderungen, sind aber für die Zukunftsfähigkeit fast jeder Branche von grundsätzlicher Natur. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass vor allem im Rahmen des Leitbilds und der darauf aufbauenden Maßnahmen diese Punkte bearbeitet werden – anderenfalls wird eine nachhaltige Sanierung zukünftig immer schwerer realisierbar sein. Rein finanz- und operativ-leistungswirtschaftliche Maßnahmen sind nicht ausreichend.

Eine Skalierung auf die Größe des jeweiligen Unternehmens bzw. die Komplexität des jeweiligen Falles ist nicht erst seit dem nun vorliegenden Stand des IDW S6 geboten und auch durch den Markt, insbesondere die wichtigsten Auftraggeber: die Banken, gefordert. Gerade bei KMU ist die Darstellung eines vollständigen Sanierungsgutachtens auf rund 50 Seiten für unser Haus seit jeher gelebte Praxis. Die sieben Kernbestandteile des IDW S6 werden in unterschiedlicher Gewichtung, aber ohne Auslassung konsequent und unternehmensindividuell abgearbeitet und führen zu einem schlanken aber rechtssicheren Gutachten.

Mit dem Standard wurden auch die Fragen und Antworten zu spezifischen Problemkreise rund um den Standard erneuert. Diese konkretisieren einzelne Fragestellungen und geben Hinweise, wie die neu aufgenommenen Punkte zu interpretieren sind.

Wichtig: dies hält den Standard an sich schlank – ebenso wie es die Gutachten sein sollen. Zusätzliche Informationen / Tabellen / Übersichten etc., deren Darstellung im Gutachten selbst nicht zwingend erforderlich ist, werden gleichfalls in die Anlagen „geschoben“.

 

Über den Autor: Daniel W. Flade

eXnet® ist ein interdisziplinäres Netzwerk unabhängiger, eng miteinander kooperierender Experten in den Fachbereichen Sanierung/Restrukturierung, Transaktionsberatung, Wirtschaftsprüfung sowie Steuern und Recht. Der Autor Daniel W. Flade ist Wirtschaftsprüfer und seit 2017 geschäftsführender Gesellschafter der eXnet. Zuvor war er mehrere Jahre bei einer „Big Four“-Gesellschaft im Bereich prüfungsnahe Beratung sowie bei einer führenden Strategieberatung im Bereich Restrukturierung am Standort Frankfurt am Main tätig.

 


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