Wir respektieren Ihre Privatsphäre

Wir und bestimmte Dritte verwenden Cookies. Einzelheiten zu den Arten von Cookies,ihrem Zweck und den beteiligten Stellen finden Sie unten und in unserem Cookie Hinweis. Bitte willigen Sie in die Verwendung von Cookies ein, wie in unserem Cookie Hinweis beschrieben, indem Sie auf "Alle erlauben" klicken, um die bestmögliche Nutzererfahrung auf unseren Webseiten zu haben. Sie können auch Ihre bevorzugten Einstellungen vornehmen oder Cookies ablehnen (mit Ausnahme unbedingt erforderlicher Cookies). Cookie Hinweis und weitere Informationen
veröffentlicht am 03.03.2020

Der Reiz des Urban Exploring: Interview mit Katharina Haney

Katharina Haney wurde 1984 in Bayreuth geboren und wohnt derzeit in der Nähe von Nürnberg. Seit 2016 ist sie als Fotografin und Fototrainerin nebenberuflich selbständig. In Ihren Urbex-Projekten erkundet Sie als Urban Explorer – kurz Urbexer – leerstehende, längst in Vergessenheit geratene Gebäude und andere Orte. Diese „Lost Places“, also verlassene Orte, die seit Jahren oder Jahrzehnten munter vor sich hinvegetieren, zeigen beim Urban Exploring die Veränderungen von Objekten über einen längeren Zeitraum – oft wurden diese Locations bereits teilweise von der Natur zurückerobert.

Die Intension vieler Urbexer ist es die Authentizität der besuchten Objekte einzufangen, das Geschehene und Erlebte zu dokumentieren und allgemein zugänglich zu machen. Beim Urban Exploring, kurz Urbexing, entstehen Aufnahmen die Ruhe, mystisches und die Verbundenheit mit der umgebenden Natur ausstrahlen. Doch beim Urban Exploring gilt auch ein klarer Grundsatz: „Take nothing but pictures. Leave nothing but footprints.”.

Im Interview erzählte uns Katharina Haney was Sie an diesen verlassenen Orten besonders reizt und gibt Tipps zum Urban Exploring.

 

Katharina, du betreibst das sogenannte Urban Exploring, d.h. du verbringst viel Zeit mit der Erkundung verlassener Orte. Warum?

Bereits in meiner Jugend habe ich mit meinen Freunden leerstehende Gebäude erkundet. In meiner Heimatstadt gab es ein verlassenes Krankenhaus und in der Nähe des Gasthauses meiner Oma stand eine verlassene Papierfabrik. 2017 bin ich eher zufällig zum Urban Exploring gekommen, als ich mit einigen Freunden zu einem Lost Place gefahren bin und dort Fotos gemacht habe. Als ich an diesem Tag wieder zu Hause war und mir die Bilder angesehen habe, war ich so fasziniert, dass ich sofort mit der Recherche nach weiteren verlassenen Orten in meiner Umgebung begonnen habe. Es ist dann auch recht schnell zu einer „Sucht“ geworden und mittlerweile ist Urban Exploration für mich ein Ausgleich für den hektischen Alltag.

Hinter jedem verlassenen Ort, den man beim Urban Exploring entdeckt, steckt eine Geschichte, meistens eine traurige. Viele Leute bezeichnen Lost Places oftmals als Schandflecke, ich möchte mit meinen Fotos bewirken, dass diese Gebäude nicht ganz in Vergessenheit geraten und zeigen, dass man an Orten, die auf den ersten Blick einfach nur entsetzlich erscheinen, auch immer noch Schönheit findet.

 

Was reizt dich am Urban Exploring besonders?

Urban Exploration ist immer wieder ein Nervenkitzel. Man weiß nie, ob man in die Gebäude kommt, wie der derzeitige Zustand ist, was man dort vielleicht alles noch findet. Man kann die Urbex-Touren durchaus als Abenteuer bezeichnen, und es ist ein tolles Gefühl, diese Orte, die man dann für ein paar Stunden für sich alleine hat, zu erkunden und den Zustand fotografisch zu dokumentieren. Oftmals sind die Verhältnisse beim Urban Exploring fürs Fotografieren nicht perfekt – es ist eng, das Licht ist schlecht, man weiß nicht, ob man erwischt wird und muss versuchen, sich zu beeilen – doch es ist immer wieder schön, wenn ich mir zu Hause die Fotos ansehe und damit zufrieden bin. Das ist bei jedem Lost Place eine neue Herausforderung.

Es sind auch hin und wieder Gebäude dabei, in denen wirklich seit Monaten oder sogar Jahren kein Mensch war. Diese Unberührtheit ist sehr faszinierend.

 

Wie entscheidest du, welche Locations du beim Urban Exploring besuchst und wieviel weißt du im Voraus über diese?

Meistens sieht man Fotos von Locations auf Instagram, Facebook Gruppen oder in Urban Exploring Communities und versucht dann, die Adresse herauszufinden. Da die Orte oft sehr weit weg sind, schaut man dann auf seiner Karte, ob man in der Nähe noch weitere Lost Places hat und plant dann eine Tour. Je bekannter ein Lost Place ist desto mehr Informationen hat man im Voraus darüber. Ansonsten versuche ich auch immer, durch Zeitungsartikel etwas über die Geschichte des Gebäudes herauszufinden, und ich frage Freunde, die bereits bei dieser Location waren, ob es etwas zu beachten gibt.

 

Welches Equipment benutzt du auf deinen Urban Exploring Touren?

Ich habe zwei Kameras, eine Canon 80D und 700D. Meistens fotografiere ich mit einem Weitwinkelobjektiv (10-20 mm) oder einem leichten Teleobjektiv (17-55 mm). Für Detailaufnahmen habe ich auch Festbrennweiten (24/35/50 mm) dabei. Und natürlich ein Stativ. Zum Filmen einen DJI Osmo Pocket (stabilisierte Handheld-Kamera) und eine DJI Spark Drohne.

 

Welche Orte haben sich dir besonders eingeprägt?

Es gibt drei Orte, die mir beim Urban Exploring besonders in Erinnerung geblieben sind. Der erste ist ein verlassenes Sanatorium. Besonders eingeprägt hat es sich, da es meine erste größere Tour beim Urban Exploring war und ich nicht damit gerechnet habe, reinzukommen und ich auch nicht wusste, wie schön es dort ist. Das Gebäude ist zwar fast leer, aber es strahlt eine unheimliche Ruhe aus und ist trotz mehr als 20 Jahren Leerstand immer noch in einem guten Zustand.

 

Der zweite Ort ist ein verlassenes Altenheim, das ich schon kurz nachdem ich mit dem Urban Exploring begonnen habe, zum ersten Mal gesehen habe. Damals war es für mich unvorstellbar, dass ich jemals dort sein würde, zumal diese Location auch gut 4,5 Stunden von meinem damaligen Wohnort entfernt war. Doch wir sind ein paar Monate später hingefahren und sind auch reingekommen. Und das Gefühl, dort zu sein und Fotos machen zu können, war unbeschreiblich. Ich war auch vor kurzem nochmal dort und das Gefühl war wieder da.

 

Der dritte Ort ist ein verlassenes Krankenhaus, das ich schon lange auf meiner Karte für das Urban Exploring hatte. Da es jedoch fast 5 Stunden weit weg ist und ich in der Nähe keine anderen Locations hatte, bin ich erstmal nicht hingefahren. Letztes Jahr im Herbst habe ich mich dann jedoch mit einem Freund, der ebenfalls Urban Exploring betreibt, auf den Weg gemacht und wurde nicht enttäuscht. Leerstehende Krankenhäuser und Kliniken gibt es zwar viele, doch meistens sind diese bereits komplett leergeräumt oder dem Vandalismus zum Opfer gefallen. Bei diesem Krankenhaus war es jedoch anders. Es gibt noch sehr viel Mobiliar, kaum Vandalismus und schönen natürlichen Verfall.

 

Wie schützt du dich auf deinen Urbex-Touren?

Ich bin beim Urban Exploring mit mindestens einer weiteren Person unterwegs und sage auch immer einer Freundin Bescheid, welche Locations für diesen Tag geplant sind, damit sie Hilfe verständigen könnte, wenn ich mich zur vereinbarten Zeit nicht melde. Das ist besonders bei Bunkern oder Bergwerken extrem wichtig. Außerdem sind auch festes Schuhwerk, angemessene Kleidung, eine Taschenlampe, ein kleines Verbandskästchen und (im Sommer) Insektenschutz beim Urban Exploring wichtig.

 

Wurdest du schon einmal beim Urban Exploring erwischt?

Ja, ich wurde beim Urban Exploring schon ein paar Mal erwischt. Zum Glück ist dann aber nichts weiter passiert. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass jedes Gebäude einen Besitzer hat (auch wenn sich die Besitzer oftmals nicht mehr um die Gebäude kümmern) und es sich streng genommen um Hausfriedensbruch handelt. Ich versuche, Orte zu meiden, von denen ich weiß, dass die Nachbarn schnell die Polizei holen, und es ist wichtig, dass man sich vorab informiert, ob es in der Vergangenheit Anzeigen gab und auf was man achten muss. Sicherheit hat man jedoch nie. Natürlich gibt es auch Orte, die man legal besuchen kann oder man kann versuchen, den Besitzer ausfindig zu machen und sich von diesem die Erlaubnis einzuholen, dort fotografieren zu dürfen. Allerdings gestaltet sich dies manchmal recht schwierig. Aber das alles macht auch mit den Reiz beim Urban Exploring aus.

 

Wenn du an einen neuen Ort eintriffst, nach welchen Kriterien entscheidest du, ob du diese Location betrittst?

Wenn ein Auto vor dem Gebäude steht, der Rasen frisch gemäht ist oder wir von Nachbarn beobachtet werden, gehen wir in der Regel nicht in das Gebäude. Es ist aber von Ort zu Ort unterschiedlich. Wenn man Urban Exploration lange und intensiv genug betreibt, bekommt man irgendwann ein Gefühl dafür, ob es eine gute Idee ist, hineinzugehen oder nicht. Manchmal fahren wir dann auch erst zu einer anderen Location und versuchen es später nochmal. Eine weitere Grundregel beim Besuch eines Lost Places lautet zudem, niemals ein Gebäude zu betreten, zu welchem es keinen Zugang gibt, das heißt wir gehen nur in Gebäude, an denen es bereits einen Eingang oder ein Schlupfloch gibt.

 

Welche Webseiten oder Videos empfiehlst du, wenn man mehr zum Thema »Urban Exploration« erfahren möchte?

Auf Facebook gibt es diverse Urbex-Gruppen und bei YouTube findet man viele Channels, die sich mit dem Thema Urban Exploring beschäftigen. Eine Empfehlung fällt mir schwer, weil jeder für sich selbst entscheiden muss, was einem am besten gefällt. Ich mag zum Beispiel gerne Gruppen, in die hochwertige Fotos und nicht nur Handyschnappschüsse hochgeladen werden und YouTube Videos, in denen nicht zu viel gesprochen wird und die mit schöner und stimmiger Musik hinterlegt sind, weil ich mir dann besser vorstellen kann, diesen Ort selbst zu erkunden. Aber wie bei allem im Leben gilt auch beim Urban Exploring: Geschmäcker sind eben verschieden.

 

Erzähle uns mehr über den Urbex-Kodex

Der Urban Exploring Kodex „Take nothing but pictures. Leave nothing but footprints.” ist zwar jedem Urbexer bekannt, leider halten sich jedoch nicht alle daran, was dazu führt, dass manche Orte dann entweder schnell verschlossen oder zerstört (Graffiti, Vandalismus) werden. Ich finde, es ist wichtig, dass man respektvoll mit Lost Places umgeht und nichts aufbricht, zerstört oder mitnimmt.

Der Kodex des Urban Exploring besagt auch, dass man Adressen nicht weitergeben darf, weil man nie weiß, an wen die Person, der man die Adresse gibt, sie dann noch alles weitergibt. Es ist deshalb wichtig, dass man Adressen, wenn überhaupt, nur an Personen weitergibt, denen man vertraut, und nicht wahllos einfach jedem, der sie haben will. Man sollte auch immer gut bedenken, wen man zu einem Lost Place mitnimmt, denn nur so kann man die Orte schützen und verhindern, dass sie zu bekannt werden und die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass sie zerstört oder verschlossen werden.

 

In unseren vorherigen Beiträgen erfahren Sie mehr zum Thema Lost Places nach der der Insolvenz, zudem zeigen wir Ihnen Verlassene Orte in Deutschland die einen Blick absolut wert sind. Mehr Bilder von Katharina Haney finden Sie auf Ihrem Instagram Account.

 

Bildnachweis: (©  Katharina Haney www.someplaceonlyweknow.com)

Autor: HÄMMERLE - Katharina Haney



 Zurück zur Übersicht