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published on 15.07.2019

Insolvenzgeld – Die erste Sicherung für Arbeitnehmer im Insolvenz(antrags)verfahren

Die Insolvenz des Arbeitgebers trifft die Mitarbeiter meist völlig unerwartet, denn sie stellt in der Regel die „ultima ratio“ des Unternehmers dar. Wenn frühzeitige Interventionen nichts gebracht haben und die gesetzlichen Vorgaben einen Insolvenzantrag zwingend vorschreiben, geht es immer auch um Ansprüche und Forderungen – insbesondere Arbeitnehmer sind sich dabei über ihre Rechte oftmals nicht im Klaren.

Ein wesentliches Instrument, das der Gesetzgeber als Sicherungsmaßnahme für Arbeitnehmer eingeführt hat, ist das sog. Insolvenzgeld. Früher sprach man auch vom Konkursausfallgeld, die Funktionsweise ist nach der Reform des Insolvenzrechts aber dieselbe: Sicherung oder anteiliger Ausgleich des Arbeitsentgeltes.
 

HÄMMERLE gibt einen Überblick über die wesentlichen Aspekte des Insolvenzgeldes und Informationen für die Praxis, um den Anspruch nicht zu gefährden.

 

Anspruch des Arbeitnehmers bei festgestellter Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers: Insolvenzgeld durch die Arbeitsagentur

Vielfach gehen Angestellte bereits im vorinsolvenzlichen Krisenfall davon aus, es bestünden schon etwaige gesetzliche Ansprüche. In Bezug auf das Insolvenzgeld muss aber festgehalten werden, dass die Berechtigung erst dann gegeben sein kann, wenn ein sog. Insolvenzereignis festgestellt wurde. Das heißt im Klartext:

  • Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also durch tatsächlichen Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichtes – der bloße Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gilt demnach noch nicht als sog. „Insolvenzereignis“
  • Bei Zurückweisung des Insolvenzantrags durch das Insolvenzgericht, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht festgestellt werden kann oder aber wenn der Insolvenzantrag durch den Antragsteller zurückgezogen wurde, besteht ebenso kein Anspruch auf Insolvenzgeld.
     

Zudem gibt es Ereignisse, die der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gleichgestellt sind, die also als „Insolvenzereignis“ einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Insolvenzgeld begründen können. Dazu zählen insbesondere:

  • Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse
  • Vollständige Aufgabe der Betriebstätigkeit bei gleichzeitig noch nicht erfolgtem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie mangels Masse davon auszugehen ist, dass ein Insolvenzverfahren gar nicht in Betracht kommt („dauerhaft keine dem Betriebszweck dienenden Tätigkeiten werden mehr ausgeübt“), wobei die Feststellung stets die Agentur für Arbeit trifft
     

Das bedeutet: Zwischen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie der eigentlichen Entscheidung des Gerichtes hierüber  kann viel Zeit ins Land gehen, was letztlich heißt, dass auch der Anspruch auf Insolvenzgeld einige Monate nach der „faktischen“ Insolvenz entsteht und  erst dann eine Zahlung denkbar wäre. Es gibt aber eine sog. Insolvenzgeldvorfinanzierung, sie wird vom vorläufigen Insolvenzverwalter oder dem „Vorfinanzierer“ beantragt und ist dann möglich, wenn ein Großteil der Arbeitsverhältnisse erhalten bleibt bzw. eine Unternehmensfortführung geplant ist. Dabei wird sozusagen der Anspruch auf Insolvenzgeld auf einen Dritten abgetreten (vgl. § 171 SGB III), sodass es zu keinen Zahlungsausfällen bei den Arbeitnehmern kommt.

 

Insolvenzgeld erhalten auch Beschäftigte, die nicht Pflichtmitglied in der Arbeitslosenversicherung sind

Sowohl in Deutschland als Arbeitnehmer registrierte Beschäftigte sowie vorübergehend ins Ausland entsandte Mitarbeiter (bei Gültigkeit des deutschen Sozialversicherungsrechts) haben potenziell Anspruch auf Insolvenzgeld. Da dies unabhängig von der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung gilt, können bei Feststellung eines „Insolvenzereignisses“ auch Praktikanten, Werksstudenten, Rentner, Heimarbeiter, Auszubildende oder geringfügig Beschäftigte einen Anspruch auf Insolvenzgeld haben.

Wer hingegen als geschäftsführender Gesellschafter (sog. Gesellschafter-Geschäftsführer) oder Angehöriger des Arbeitgebers agiert, hat mitunter Probleme bei der Anerkennung. Von einer Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Voraussetzungen für das Insolvenzgeld ist auszugehen, wenn die Beschäftigung durch die Krankenkasse oder die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund festgestellt worden war. Alternativ müssen zusätzliche Anträge bei Beantragung des Insolvenzgeldes ausgefüllt werden.

 

Zeitraum, Höhe und andere Faktoren rund um das Insolvenzgeld

  1. Das Insolvenzgeld wird grundsätzlich nur für den ausstehenden Lohn der letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses gezahlt, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dem gleichgestellten Ereignis liegen. Wer frühzeitig den Betrieb verlässt, bei dem gelten als Insolvenzgeld-Zeitraum die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses.
     
  2. Relevant zur Berechnung des Insolvenzgeldes ist das Nettoarbeitsentgelt, dazu wird das „auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert“. Unter Umständen werden demnach auch Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Provisionen als Sonderzahlungen herausgerechnet.
     
  3. Wichtig: Wenn ein Klageverfahren bei einem Arbeitsgericht anhängig ist, bei dem eine erfolgte Kündigung Verfahrensgegenstand ist, wird diese als „schwebend unwirksam“ angesehen. Die Festsetzung des relevanten Zeitraums für die Berechnung des Insolvenzgeldes ist erst nach Entscheidung des Gerichts möglich.
     
  4. Sobald Insolvenzgeld beantragt wurde, gehen sämtliche Ansprüche auf Zahlung des vereinbarten Arbeitsentgeltes auf die Arbeitsagentur über. Das heißt im Klartext, dass weitere Ansprüche (etwa aus früheren Zeiten, Provisionen, etc.) eigenständig durchgesetzt werden müssen – also im Zweifel als Teil der Insolvenzmasse gesehen werden.

 

Achtung:

Wird gleichzeitig Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II für denselben Zeitraum gezahlt, findet eine Anrechnung auf das Insolvenzgeld statt. Dasselbe gilt für Einnahmen aus einem neuen Arbeitsverhältnis oder einer selbständigen Tätigkeit im Insolvenzgeld-Zeitraum. Ausgenommen sind nur Einnahmen aus Arbeitsverhältnissen, die schon länger bestanden und parallel ausgeübt wurden (z.B. „Zweitjob“, geringfügige Beschäftigung, etc.).

 

Bildnachweis: (© mnimage - stock.adobe.com)

Author: HÄMMERLE



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