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published on 18.08.2020

Aktuell muss vor dem 30.09.2020 kein Insolvenzantrag gestellt werden – stimmt das?

Jain. Zur Aufklärung dieses Irrtums muss kurz auf den Willen des Gesetzgebers bei der vorübergehenden Änderung des Insolvenzrechts eingegangen werden: Durch die Einführung des COVInsAG (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz) sollte der ungewissen aktuellen Lage entsprochen werden. Es sollte erreicht werden, dass eigentlich gesunde Unternehmen, die unverschuldet aufgrund der Corona-Krise in eine Insolvenzgefahr geraten sind, stabilisiert werden.

Da die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie zu einer systemischen Wirtschaftskrise geführt haben, sollten die betroffenen Unternehmen von den sonst greifenden Nachweis- und Prognoserisiken befreit werden. Folglich wurde ein Gesetz verabschiedet (COVInsAG), welches unterstellt,

  1. dass ein Unternehmen, welches am 31.12.2019 gesund war, nur aufgrund der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten ist und
  2. dass die Zahlungsunfähigkeit deshalb nur vorübergehend ist.

 

Damit liegen zwei Vermutungsregeln vor, welche es – zunächst – dem Unternehmer erlauben einen eigentlich notwendigen Insolvenzantrag bis zum 30.09.2020 aufzuschieben.

Allerdings sind Vermutungsregeln widerlegbar. Sie sollen dem Unternehmer nur den Nachweis erleichtern. Sie schaffen dagegen keine Anspruchsgrundlage, wenn sie tatsächlich nicht zutreffen. Das heißt, dass die Behörden und Staatsanwaltschaften im Nachhinein überprüfen können, ob die Vermutungsregelungen zutrafen, also ob das Unternehmen tatsächlich gesund war und ob die Zahlungsfähigkeit wie angegeben wirklich nur vorübergehend war, mithin eine „Aussicht darauf [bestand], eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen“ (§ 1 S. 3 COVInsAG).

Nur wenn also die vermuteten Tatsachen tatsächlich vorliegen, darf ein Unternehmen die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für sich in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber wollte den betroffenen Unternehmen lediglich den Nachweis zu erleichtern. Dies befreit die Geschäftsleitung also nicht davon, sich zu vergewissern und im Zweifelsfall auch nachweisen zu können, dass die Voraussetzungen auch tatsächlich zutreffen!

 

Praxishinweis:

Die Geschäftsleitung trifft die Pflicht, in den Angelegenheiten des Unternehmens die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes/-leiters“ (§ 43 Abs. 1 GmbHG bzw. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG) anzuwenden. Folglich müssen alle notwendigen Informationen über den tatsächlichen Zustand des Unternehmens eingeholt werden und die Entscheidung für oder wider eine Antragsstellung ordentlich dokumentiert werden. Andernfalls setzt sich die Geschäftsleitung einem persönlichen zivil- und strafrechtlichen Haftungsrisikos aus.

 

 

Über die Autorinnen

Claudia Otto ist Rechtsanwältin und Gründerin der Kanzlei COT Legal in Frankfurt am Main. Sie berät zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung, u.a. der digitalen Transformation. Hierdurch kennt sie die Chancen und Risiken des Einsatzes technischer Hilfsmittel im Rahmen großer Umstrukturierungsprojekte aus mehrjähriger Beratungstätigkeit. Um Wissen zur Vereinbarkeit von Recht und Technologie breit verfügbar zu machen, hat sie im April 2017 die interdisziplinäre Fachpublikation Recht innovativ (Ri) gegründet.“

 

Mirjam Hannah Steinfeld (Mag. iur., CFE) ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für Strafrecht und Lehrbeauftragte für Strafrecht an der Hochschule Rhein Main. Sie führt die auf das Wirtschaftsstrafrecht spezialisierte Kanzlei Steinfeld Recht in Frankfurt am Main. Sie hat zahlreiche Unternehmer in Insolvenzstrafverfahren vertreten oder berät diese bevor es zu der Einleitung eines solchen Verfahrens kommt. Sie ist zudem Herausgeber Beirätin der interdisziplinäre Fachpublikation Recht innovativ (Ri). 

 

Weiterer Hinweis:

Wer mehr zu dem Thema erfahren möchte, der sei auf die hier kommenden Folgebeiträge oder diesen Podcast zu Corona und Staatshilfen hingewiesen.

 

Bildnachweis: (©  Ajuliasudnitskaya - stock.adobe.com)



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