Diese Webseite verwendet Cookies

Wir und bestimmte Dritte verwenden Cookies. Einzelheiten zu den Arten von Cookies, ihrem Zweck und den beteiligten Stellen finden Sie unten und in unserem Cookie Hinweis. Bitte willigen Sie in die Verwendung von Cookies ein, wie in unserem Cookie Hinweis beschrieben, indem Sie auf „Alle erlauben“ klicken, um die bestmögliche Nutzererfahrung auf unseren Webseiten zu haben. Sie können auch Ihre bevorzugten Einstellungen vornehmen oder Cookies ablehnen (mit Ausnahme unbedingt erforderlicher Cookies). Cookie Hinweis und weitere Informationen
published on 15.09.2020

Zu den Auswirkungen des COVInsAG für den Sachverständigen auf die Frage der verfahrenskostendeckenden Masse

Insolvenzverwalter sehen sich durch die von Januar bis September 2020 in weiten Teilen ausgesetzte Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen gerade in der Sachverständigenphase vor ein neues Problem gestellt: Sind die Verfahrenskosten auch ohne Anfechtungsansprüche gedeckt?

Weniger Anfechtung – auch im Drei-Monats-Zeitraum – ist in der Regel gleichbedeutend mit weniger Insolvenzmasse. In den folgenden Absätzen betrachten wir in unserem Gastbeitrag von KARRENSTEIN GLASER die Auswirkungen und liefern Lösungsansätze.

 

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht aufgrund des COVInsAG geht in die Verlängerung. Dies soll aber nur noch für den Insolvenzgrund der Überschuldung gelten. Ab dem 1. Oktober 2020 gilt wieder die Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit. Unzweifelhaft wird die Zahl der Insolvenzantragsverfahren damit sprunghaft zunehmen und die Branche der Insolvenzverwalter vor neue Herausforderungen stellen.

Ob es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt, hängt maßgeblich davon ab, ob eine verfahrenskostendeckende Masse vorgefunden wird. Die Bewertung der Assets – gerade in einem gesamtwirtschaftlich schwierigen Umfeld mit viel Angebot und rückläufiger Nachfrage – fällt in der Sachverständigenphase schwer, auch wenn Insolvenzdienstleister wie HÄMMERLE hier tatkräftige Hilfe leisten können. Oftmals findet der Sachverständige jedoch kein oder wenig werthaltiges Anlagevermögen vor. So fällt es schwer, dem Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu empfehlen. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund der fehlenden Aussicht, ausreichend Masse zu generieren, die Zahl der Mangels-Masse-Verfahren zunimmt.

Ob die Masse ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken, bestimmen jedoch nicht selten die sogenannten insolvenzspezifischen Ansprüche nach §§ 129 ff. InsO (Anfechtung). Besonders bedeutend sind in diesem Zusammenhang die sogenannten inkongruenten Deckungen im Drei-Monats-Zeitraum. Diese waren für den Sachverständigen bzw. Insolvenzverwalter in der Regel ohne größere Schwierigkeiten zu entdecken. Der Gesetzgeber entschied mit § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG, dass auch ein nicht unerheblicher Teil der unter § 131 Abs. 1 InsO fallenden Rechtshandlungen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 COVInsAG unanfechtbar sind. Das betrifft

  • Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber;
  • Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners;
  • die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist;
  • die Verkürzung von Zahlungszielen und
  • die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

Regelmäßig sind es aber auch solche Rechtshandlungen, die darüber entscheiden, ob eine verfahrenskostendeckende Masse vorhanden ist und die Insolvenzeröffnung deshalb empfohlen werden kann. In der Sachverständigenphase ist die Feststellung potentieller Ansprüche aus Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 bis Abs. 3 InsO) regelmäßig mit Schwierigkeiten verbunden; dies gilt insbesondere für länger zurückliegenden Zeiträume. Auf diese Zeiträume wird es jedoch angesichts der Aussetzung der Vorsatzanfechtung für den Zeitraum Januar bis September 2020 entscheidend ankommen.

Die gesetzlichen Vermutungen des § 1 COVInsAG sind widerlegbar. Gelingt es darzulegen, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits vor dem 1. Januar 2020 bestand, steht das COVInsAG der Anfechtung gemäß § 131 Abs. 1 InsO und gemäß § 133 Abs. 1 bis Abs. 3 InsO nicht mehr im Wege.

 

Tipps für die Praxis

Neben einer frühzeitigen Bewertung der vorgefundenen Assets, ist der Fokus schon in einem sehr frühen Verfahrensstadium auf die Frage zu richten, ob die Zahlungsunfähigkeit vor dem 01. Januar 2020 eingetreten ist oder nicht. Für die Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 bis Abs. 3 InsO) muss zudem dargelegt werden können, dass Zahlungsempfänger vor diesem Stichtag Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hatten. Denn in diesem Fall bleibt die bereits vor dem 1. Januar 2020 begründete Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners unberührt; es bleibt bei der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen; die Ausnahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG finden keine Anwendung.

 

Über die Autoren

Philip Karrenstein (Dipl.-Kaufman FH) und Uwe Glaser sind Rechtsanwälte und Partner der Kanzlei Karrenstein Glaser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, einer auf alle Fragen insolvenzspezifischer Ansprüche spezialisierten Sozietät in Berlin. Neben der Beratung und Vertretung von Geschäftsführern und Anfechtungsgegnern liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit in der Beratung von Insolvenzverwalter im gesamten Bundesgebiet.

Weitere Hinweise

Neben umfangreichen Gutachten zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit unter besonderer Betrachtung des Zahlungsverkehrs und in Betracht kommender Ansprüche, berät die Sozietät Karrenstein Glaser Sachverständige und (vorläufige) Insolvenzverwalter in jedem Verfahrensstadium. Um die Frage der verfahrenskostendeckenden Masse besser beantworten zu können, bietet die Kanzlei eine Ersteinschätzung zu Anfechtungsansprüchen an.

 

Bildnachweis: (© wetzkatz – stock.adobe.com)



 Back to overview