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published on 22.02.2023

Sofortige Verwertung von Lkw-Ansprüchen im sogenannten Lkw-Kartell

Ein Gastbeitrag von Herrn Rechtsanwalt Dr. Werner A. Meier

Im LKW-Kartell besteht ein Ankaufangebot des Prozesskostenfinanzierers für alle unverjährten Ansprüche gegen alle Hersteller (derzeit noch außer Scania), die mit ausreichend Unterlagen belegt werden können.

Vorab zum sog. LKW-Kartell:

Die Lkw-Hersteller MAN, Daimler, Iveco, Volvo/Renault, DAF und Scania bildeten von 1997 bis 2011 ein Kartell. Hierbei trafen Sie Absprachen über Preise und Bruttopreiserhöhungen, um die Preise in der EU und im EWR abzustimmen.

Ferner sprachen sie sich hinsichtlich der Einführung von Emissionstechnologien, der sog. Euro-Normen, ab.

Die Hersteller deckten nahezu den gesamten Markt der mittelschweren und schweren Lkw ab und wurden daher von der EU-Kommission mit rund € 4 Mrd bebußt.

Die Rechtsprechung für die Geschädigten im o. g. LKW-Kartell ist überaus günstig. Es sind erste Ergebnisse des gerichtlich beauftragten Gutachtens bekannt geworden. Auch die ausländische Rechtsprechung kommt zu sehr positiven Ergebnissen. So hat in England das Berufungsgericht am 07. Februar 2023 im Lkw-Kartell geurteilt, dass 5% Schadenersatz auf den Kaufpreis, zzgl. Zinsen, also rund 8% insgesamt, zugesprochen werden.

 

Was ist bislang geschehen und geurteilt?

Am 23. September 2021 hat der Bundesgerichtshof, Az. KZR 35/19, über die Haftung dem Grunde nach verhandelt und vollständig die Rechtsansicht der Kläger bestätigt! Es liege nicht nur ein Informationsaustausch vor, sondern - wie an mehreren Stellen betont wird - sogar ein Preiskartell, also ein hard-core-Kartell, und damit die schlimmste Verletzung des Wettbewerbs, wie auch die Kommission bindend feststellt.

Diesen Sachverhalt haben die Beklagten im Rahmen der Vergleiche auch eingeräumt und damit explizit zugestimmt. Dadurch war es den Beklagten auch nicht möglich, diesen Sachverhalt im Rahmen des Zivilprozesses zu widerlegen.

Nunmehr wurden auch das zweite und dritte Urteil des Bundesgerichtshofs, Az. KZR 19/20 sowie KZR 20/20, veröffentlicht. Auch dieses ist uneingeschränkt positiv für die Klägerseite und bestätigt, dass es für Leasingbeschaffungen und für Käufer bei Händlern ebenso Schadenersatz gibt.

Kurzum: die Klageaussichten sind unverändert intakt, ja sogar noch verbessert.

Sodann werden die Landgerichte beginnen, auch über die Höhe des Schadensersatzes zu befinden. Auch wichtig: in einem jüngeren Urteil hatte das OLG Frankfurt am Main die Revision zu Bundesgerichtshof gar nicht mehr zugelassen. Dies ist ein klarer Ausdruck, dass die wesentlichen Haftungsfragen im LKW-Kartell nunmehr geklärt sind und die Landgerichte nunmehr die Fälle anhand fester Vorgaben abarbeiten können. 

Im LKW-Kartell liegen mittlerweile ca. 75 Urteile vor, die ein klägergünstiges Bild zeichnen.

 

Aus dem Gerichtssaal

Der Autor hat mit der Vorsitzenden Richterin der erkennenden Kammer beim Landgericht München, Frau Dr. Lutz, bereits mehrere Male gesprochen sowie knapp 10 mündliche Verhandlungen in Parallelverfahren mit anderen, nicht hiesigerseits vertretenen Klägern wahrgenommen. Die meisten Klagen in Deutschland hängen beim Landgericht München I und zwar derzeit ca. 130 Klagen mit insgesamt über 250.000 LKW-Ansprüchen.

Das Landgericht erlässt viele sog. Beweisbeschlüsse. Dies ist Ausdruck dessen, dass die Haftung dem Grunde nach als gegeben angesehen wird und das Gericht sich hinsichtlich der Höhe sachverständigen Rat einholt. Es sind vom Landgericht München I die beiden Sachverständigen benannt worden, die auch für die von uns vertretenen Ansprüche die Schadenshöhe beurteilen werden.

Dies sind Herr Prof. Dr. Oliver Falck, ifo-Institut, München, als Koordinator und Ansprechpartner für das Gericht, sowie Herr Dr. Johannes Koehnen. Die Sachverständigen haben Expertise im Wettbewerbsrecht und sind vor allem unabhängig: Das ifo-Institut ist mit der Ludwig-Maximilians-Universität München assoziiert, wird zu etwa zwei Dritteln aus öffentlichen Mitteln finanziert und
ist demgemäß unabhängig. Dies ist wichtig zu wissen, da gewichtige wirtschaftliche Interessen im Mittelpunkt stehen.

Noch besser: Der Bundesgerichtshof hat mittlerweile in einer Entscheidung KZR 63/18 die Ermittlung des Schadenersatzes aufgrund von Studien der EU etc. für angezeigt erachtet. Dies ist mit der treffenden Zeile: "15% [Schadenersatz] auf alles!" charakterisiert worden und ist geeignet, die Verfahren erheblich abkürzen.

 

Fazit für Insolvenzverwalter

 

Wichtig ist daher, zu prüfen, ob Lkw-Beschaffungsunterlagen bei den Schuldnern für Vorgänge von 1998 bis 2014 vorliegen: dies können Rechnungen, Kaufverträge oder Leasingverträge sein. Anhand einer Liste mit den Angaben Kauf/Leasing-Datum, Preis, FIN kann sehr schnell beurteilt werden, für welche Ansprüche ein Finanzierungsangebot und/oder ein Abkaufangebot erteilt wird.

 

Der Autor und dessen Sozietät haben mittlerweile mehrere Klagen ausgebracht mit derzeit ca. 50.000 LKW-Ansprüchen. Diese sind alle bei der 37. Zivilkammer des Landgerichts München I mit seiner klägerfreundlichen Rechtsprechung anhängig. Dies betrifft die Zuständigkeit sowie die Anwendung der Verjährungsregeln sowie insbesondere den konzentrierten Verfahrensfortgang mit der Einholung des Universalgutachtens.

Die Aussichten sind folglich unverändert intakt.

 

Über den Autor:

Rechtsanwalt Dr. Werner A. Meier ist Sozius der Marzillier, Dr. Meier und Dr. Guntner Rechtsanwalt GmbH, München; diese vertritt im Lkw-Kartell über 2.000 Mandanten aus 30 Staaten.



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