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published on 28.01.2021

Bitcoins und Altcoins in der Insolvenz

Der Bitcoin (abgekürzt BTC) gehört zu den bekanntesten Kryptowährungen. Dabei handelt es sich im allgemeinen Verständnis um eine digitale Währung, die auf einer Blockchain und einer digitalen Signatur basiert. Doch wie verhält es sich mit Bitcoins und Altcoins in der Insolvenz? In unserem Beitrag klärt Claudia Otto, Rechtsanwältin und Gründerin der Kanzlei COT Legal in Frankfurt am Main auf.

Wie kommt man an sie heran?

Da Bitcoins (noch) schuldrechtlich verwertet werden können, kommt ihnen Vermögenswert zu. Sie können also zur Insolvenzmasse gehören. Für sog. Altcoins gilt grundsätzlich dasselbe: Altcoin bedeutet lediglich, dass hier von einer Alternative zum Bitcoin gesprochen wird. Bekannte Beispiele sind Bitcoin Cash, Ether (Netzwerk: Ethereum) und MIOTA (Netzwerk: IOTA). Es stellt sich die Frage, wie man ihrer „habhaft“ werden kann, wenn der Schuldner seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach § 97 InsO nicht nachkommt oder nachkommen kann. Dieser Beitrag soll für solche Fälle praktische Hinweise an die Hand geben und die gerichtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten des § 98 InsO (Versicherung an Eides Statt, Vorführung, Haft) fördern bzw. ergänzen.

 

I. In welcher Form können Bitcoins und Altcoins vorliegen?

Bitcoins und Altcoins sind zunächst einmal Daten in elektronischer Form. Dateneigentum gibt es im deutschen Recht nicht. Diese vermögenswerten Daten sind Teil von Netzwerk-Datensammlungen (Bitcoin, Bitcoin Cash, Ethereum oder IOTA), von deren Bestehen sie abhängig sind. Diese Datensammlungen werden – mit allen im Netzwerkumlauf befindlichen Bitcoins bzw. Altcoins – auf zahlreichen Computern (anderer) gespeichert. Das bedeutet, ein Herauslösen und damit eine Speicherung von Bitcoins oder Altcoins außerhalb dieser Datensammlungen findet nicht statt. Gesondert gespeichert werden lediglich die für eine Transaktion im Netzwerk erforderlichen Daten: Netzwerk-Adresse (manchmal auch Public Key genannt) und privater kryptografischer Schlüssel (Private Key) genügen. Je nach Speicherform kommen Zusatzinformationen hinzu, wie z.B. der „Kontostand“.

 

Wenn also von der Speicherung von Bitcoins oder Altcoins gesprochen wird, ist regelmäßig die Rede von der Speicherung der für ihre Verwertung notwendigen Netzwerk-Adresse und des zugehörigen Private Keys.

 

II. Die Speicher- und Zugriffsmöglichkeiten

Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen der physischen und der elektronischen Speicherform. In jedem Fall der Speicherung ist die Mitwirkung des Schuldners erforderlich: Etwa durch Benennung, Zugänglichmachen bzw. Herausgabe des physischen Speichermediums und/oder durch die Mitteilung von Passwörtern. Nachstehendes unterstellt einen eingeräumten Zugriff auf Speichermedien, um das weitere Vorgehen überhaupt skizzieren zu können.

 

1. Physische Speicherung

Auch wenn Bitcoins und Altcoins per se keine körperlichen Gegenstände sind, können sie – rein theoretisch – durch Verkörperung der für die Verwertung genügenden Gesamtheit von Adresse und Private Key zum Bestandteil einer übergabefähigen Sache im Sinne der §§ 929, 90 BGB werden. Weil ihre Verwertung einer physischen Zugriffsmöglichkeit bedarf, gilt die physische Speicherung als die sicherste. Hackerangriffe über das Internet können ihr nichts anhaben. Im Wesentlichen kann man bei der physischen Speicherung nach Paper Wallet und Cold (Storage) Wallet unterscheiden:

 

a) Paper Wallet

Die Speicherung in Form einer sog. Paper Wallet ist die am einfachsten zugängliche Variante. Hier liegen die Netzwerk-Adresse und der geheim zu haltende Private Key, lesbar, nebeneinander in Papierform vor. In der Regel werden deren lange Zeichen-Ketten von QR-Codes begleitet: So finden sich auf Paper Wallets regelmäßig ein QR-Code für die Adressprüfung, auch begleitet durch den Zusatz „verify“, und ein QR-Code für die Transaktionsausführung dank vorliegendem Private Key, auch begleitet durch den Zusatz „spend“. Durch die gedruckte Kombination von Netzwerk-Adresse und Private Key ist eine unmittelbare Verwertung möglich. Weil ein Blatt Papier ein körperlicher Gegenstand und damit eine Sache im Sinne des § 90 BGB ist, die nach § 929 BGB übergeben werden kann, kann hieran Eigentum übertragen und erworben werden.

Doch Vorsicht ist geboten. Das Papier mag ewig sein, der Bitcoin- bzw. Altcoin-Bestand ist es nicht. Denn während sich der Bestand auf der Adresse im jeweiligen Netzwerk bis auf null reduzieren kann, zeigt das Papier diese Veränderungen nicht an. Auch handschriftliche Notizen können veraltete Bestandsangaben sein. Das Papier speichert also keinen Wert, sondern tatsächlich nur die Netzwerk-Adresse und den Private Key. Daraus folgt:

 

  • Es sollte stets geprüft werden, ob tatsächlich verwertbare Bitcoins oder Altcoins vorhanden sind. Dies kann z.B. durch Scannen des QR-Codes der Netzwerk-Adresse geschehen. Weil man dafür jedoch ein Smartphone mit Kamera und geeigneter Software benötigt, liegt es unter Umständen näher, die Adresse über die frei zugängliche Website eines sog. Block Explorers einzusehen. „Blockchair.com“ beispielsweise erlaubt eine Suche in 17 verschiedenen Blockchain-Netzwerken, so auch Bitcoin, Bitcoin Cash und Ethereum.
  • Es können weitere Ausdrucke, Kopien (auch in elektronischer Form) sowie Notizen von Netzwerk-Adresse und zugehörigem Private Key existieren, die Veränderungen nach Heraus- bzw. Übergabe der Paper Wallet ermöglichen. Die Paper Wallet muss nicht einmal herausgegeben werden, es genügt eine (weitere) Kopie oder das Abschreiben von Netzwerk-Adresse und Private Key. Daher muss sichergestellt werden, dass weder der Schuldner noch ein Dritter nach Herausgabe einer Paper Wallet Kenntnis vom Private Key in Verbindung mit der Netzwerk-Adresse hat bzw. diese Kenntnis nutzbar machen kann. Das ist kaum möglich.

 

Die Paper Wallet hat also trotz Sacheigenschaft keine echten Vorzüge. Der beste Weg der Sicherung ist daher der unmittelbare Transfer der Bitcoins bzw. Altcoins auf eine andere Netzwerk-Adresse, deren Private Key ggf. allein der Insolvenzverwalter kennt.

 

b) Cold (Storage) Wallet

Die Speicherung in Form einer sog. Cold (Storage) oder Hardware Wallet bedeutet die Speicherung der für die Verwertung erforderlichen Daten auf einem physischen Speichermedium, welches in der Regel passwortgeschützt ist. Solche Geräte können einer Kreditkarte ähneln, sich also im Portemonnaie selbst befinden, oder ein USB-Stick am Schlüsselbund sein. Häufig lassen sie erkennen, dass sie speziell der Speicherung von Bitcoin- oder Altcoin-Daten dienen. Hersteller- oder Gerätenamen lassen im Zweifel den Schluss auf den Zweck des Geräts zu. Sogar der „Kontostand“ kann auf einem Display am Gerät ablesbar sein. Es ist jedoch auch möglich, dass ein Speichergerät nicht als Speicher für Bitcoin- oder Altcoin-Daten erkennbar ist. Nicht ohne Grund wurde in letzter Zeit wiederholt berichtet, dass Hardware Wallet-Nutzer ihre Bitcoins vergessen und die externe Festplatte vor Jahren in den Müll geworfen haben. Sind die für die Transaktion von Bitcoins oder Altcoins erforderlichen Daten auf einem physischen Medium gespeichert, erlangen sie – wie im Falle des Papiers – Körperlichkeit und damit Sachqualität im Sinne des § 90 BGB. Schließlich kann das Medium mit den darauf befindlichen Bitcoin- oder Altcoin-Daten (nebst Passwort) übergeben werden.

Doch auch hier sollte vor der Verwertung geprüft werden, ob die Vermögenswerte tatsächlich zugänglich sind. Nicht zu vergessen ist, dass Cold Wallets teuer sein können, also ebenfalls einen Vermögenswert haben können. Kann oder will der Schuldner das Passwort nicht benennen, sollte in Betracht gezogen werden, Spezialisten hinzuzuziehen. Dies insbesondere dann, wenn nur wenige Passworteingabeversuche möglich sind. Auch Cold Wallets sind nicht 100%ig sicher.

Wie im Falle der Paper Wallet gilt auch für die Cold (Storage) Wallet: Die Netzwerk-Adresse und der zugehörige Private Key können in Form einer weiteren „Sicherungskopie“ vorhanden sein. Nicht umsonst heißt es: Kein Backup, kein Mitleid. Auch wenn der Schuldner unter Umständen der Technik vertraut: Ein unmittelbarer Transfer der Bitcoins und Altcoins ist der sicherste Weg der Sicherung.

 

2. Elektronische Speicherung

Zur elektronischen Speicherung gehört jede Form der nicht-physischen Speicherung. Sie gilt als am wenigsten sicher, v.a. weil – wie bei jedem Computer, der an das Internet angeschlossen ist – stets die Möglichkeit eines unerwünschten Fremdzugriffs („Hack“) besteht. Software-Wallets, die eine Internetverbindung benötigen, werden Hot Wallets genannt. Abgesehen vom Fall der selbstbetriebenen Software Wallet ist in der Regel eine weitere Partei involviert, die, etwa im Falle der Vergesslichkeit des Schuldners, bei der Zugänglichmachung der für die Verwertung notwendigen Daten unterstützen kann.

Im Wesentlichen kann man elektronische Wallets unterscheiden nach Software Wallets und Wallets (Kundenkonten) bei einer sog. Kryptobörse. Software Wallets können „selbst betrieben“ oder auch von einem anderen betrieben werden.

 

a) Software Wallet (Selbstbetrieb)

Diese Form der Speicherung bedeutet, dass sämtliche Wallet-Inhalte auf einem eigenen Gerät wie dem PC abgelegt werden. Die lokal betriebene Software Wallet muss dann über die Internetverbindung mit den jeweiligen Netzwerk-Daten synchronisiert werden. Die Software Wallet wird häufig passwortgeschützt sein und die Mitwirkung des Schuldners verlangen. Ein eher unvorsichtiger Schuldner hat unter Umständen kein Passwort eingerichtet, um sich selbst die Nutzung nicht wesentlich zu erschweren.

Zu erwarten ist, dass die Software Wallet nicht leicht auffindbar ist. Hier bietet sich bei Nichtmitwirkung des Schuldners die „Suche“ nach „Wallet“ oder auch „Bitcoin“ selbst an. Möglich ist zudem, dass der Private Key nicht unmittelbar in der Wallet, sondern gesondert gespeichert ist. Das lässt sich jedoch in Vorbereitung des auch hier empfohlenen unmittelbaren Transfers der Bitcoins bzw. Altcoins leicht feststellen. Gegebenenfalls „erinnert“ der Rechner des Schuldners den Ablageort des Private Keys und bietet ihn zur Auswahl an.

Natürlich ist auch das Gerät des Schuldners eine Sache im Sinne des § 90 BGB, die im Zuge der Verwertung übergeben werden kann. Der PC wird jedoch nicht wertvoller; er speichert, wie die vorgenannten Wallets, allein die für die Verwertung von Bitcoins und Altcoins notwendigen Daten. Nicht jedoch die Bitcoins und Altcoins selbst. Der durchschnittliche Schuldner dürfte zudem über Backups verfügen: D.h. die gesuchten Daten können noch anderweitig vorliegen und genutzt werden. Der unmittelbare Transfer ist und bleibt daher der sicherste Weg der Sicherung.

 

b) Software Wallet (Betrieb durch einen Dienstleister)

Software Wallets müssen jedoch nicht auf dem Gerät des Wallet-Nutzers, sondern können auf den Servern des Anbieters betrieben werden. Der Nutzer einer solchen Wallet verfügt dann über eine Software (einen sog. Client), welche ihm über die Internetverbindung den Zugriff auf die Wallet-Daten beim Anbieter erlaubt. Im Wesentlichen kann man diese Software Wallets unterscheiden nach Mobile Wallet (App) und Desktop Wallet.

 

aa) Mobile Wallet (App)

Weil Bequemlichkeit ein nicht zu unterschätzender Faktor ist, erfreuen sich Wallet-Anwendungen für das Mobiltelefon großer Beliebtheit. So können z.B. die oben genannten QR-Codes direkt eingescannt und – durch Übertragung der Daten in die Wallet – ein noch einfacherer Zugriff auf die Vermögenswerte ermöglicht werden. Die Eingabe eines (nach Entsperren des Smartphones mittels FaceID oder Gerätecode) zusätzlichen Passworts ist bei Öffnung der bereits installierten App wahrscheinlich nicht erforderlich. Der Vorzug einer Mobile Wallet ist schließlich die kinderleichte Handhabung von Bitcoins und Altcoins. Zudem ist ihr Einsatz auf mehreren Mobilgeräten möglich. Dieser vielseitige Nutzen verlangt die Erstellung eines Kundenkontos beim Anbieter. Sollte ein notwendiges Passwort tatsächlich vergessen worden oder gar der hinterlegte und in Vergessenheit geratene Private Key „verloren“ gegangen sein: Anbieter haben unter Umständen Wiederherstellungsmöglichkeiten vorgesehen. In diesem Fall kann der Schuldner bei der Wiederherstellung mitwirken, z.B. durch Betätigung des Wiederherstellungs-Links in der an ihn versendeten E-Mail. Es ist unwahrscheinlich, dass ihm das Passwort zu seinem E-Mailpostfach entfällt. Jenes ist wahrscheinlich auch ohne Passwort auf seinem Smartphone abrufbar. Sogar eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, bei der z.B. ein Bestätigungscode per SMS an das Mobiltelefon des Schuldner geschickt wird, ist kein Hindernis unter Verweis auf die leicht realisierbare Mitwirkungspflicht des Schuldners.

Unter Umständen kann es jedoch auch sein, dass sich diese Abhängigkeit vom Anbieter nachteilig auswirkt. So kann die App nicht (mehr) zugänglich oder funktional sein und somit eine Verwertung unter Umständen nicht stattfinden. Zudem besteht das Risiko eines Hackerangriffs und des dadurch bedingten Verlusts. Die Nicht(mehr)leistung des Mobilfunk- und Internetanbieters des Schuldners ist jedoch grundsätzlich kein Problem: Das für die Nutzung der App erforderliche Kundenkonto ist auch über andere Geräte mit Internetverbindung zugänglich. Ggf. ist die App auf ein anderes Gerät herunterzuladen und die Anmeldung hierüber vorzunehmen.

Der Transfer der Bitcoins bzw. Altcoins sollte auch bei einem z.B. nur dem Insolvenzverwalter bekannten neuen Passwort unmittelbar vorgenommen werden. Schließlich braucht es lediglich eine erneute Passwortwiederherstellung, um den Insolvenzverwalter aus dem Kundenkonto auszuschließen. Eine dieses Risiko ausschließende Kontoverwaltung ist wesentlich aufwändiger als der unmittelbare Transfer der Bitcoins bzw. Altcoins. Nicht zu vergessen ist der vorstehend wiederholte Hinweis, dass der Schuldner Private Key und zugehörige Netzwerk-Adresse doch noch anderweitig gesichert haben kann.

 

bb) Desktop Wallet

Desktop Wallets, also Wallet Software für den PC oder Laptop, sind Anwendungen, die häufig über ein Symbol direkt auf dem Desktop aufgerufen werden können. Die Wallet Software kann auch direkt im Internet-Browser (als sog. Plugin) oder über die klassische „Suche“ gefunden werden. Desktop Wallets mit besonders hoher Benutzerfreundlichkeit bedeuten regelmäßig, dass der Nutzer ein Kundenkonto beim Anbieter der Wallet Software angelegt hat. Das bedeutet wiederum, dass über diesen Anbieter der Zugang, z.B. durch die vorstehend beschriebene Wiederherstellung des vergessenen Passworts, und damit der empfohlene unmittelbare Transfer möglich ist. Soweit die Wallet selbst keine Speicherung des Private Key auf dem Server des Anbieters vorsieht, wird dieser sehr wahrscheinlich, wie im Falle des Selbstbetriebs, auf dem Computer des Schuldners zu finden sein.

 

3. Speicherung bei einer Kryptobörse

Eine Speicherung von Adresse und/oder Private Key „bei“ einer Kryptobörse findet grundsätzlich nicht statt. D.h. man erlangt über das Kundenkonto, häufig ebenfalls Wallet genannt, keinen direkten Zugriff auf Bitcoins oder Altcoins. Die Kryptobörsen haben eigene Wallets für Verfügungen in den jeweiligen Netzwerken, d.h. sie haben eigene Adressen und Private Keys. Letztere kennt der Kunde nicht. Das Kundenkonto bei einer Kryptobörse weist grundsätzlich nur den auf den Kunden entfallenden Anteil am Gesamtbestand auf der jeweiligen Netzwerk-Adresse der Kryptobörse aus. D.h. der Schuldner hat hier vielmehr eine verwertbare Forderung. Diesbezüglich kann verfügt werden, ggf. unter Inanspruchnahme des zur Mitwirkung verpflichteten Schuldners. Sollten die Zugangsdaten von ihm nicht mitgeteilt werden können, besteht die Möglichkeit der Passwortwiederherstellung. Auch hier wird der Schuldner mitwirken können, etwa durch Betätigung eines per E-Mail an ihn zwecks Passwortwiederherstellung übersandten Links.

 

III. Fazit

Der Vorteil der sich über die letzten Jahre auch für den durchschnittlichen Verbraucher geöffneten Krypto-Welt ist das breite Angebot eines erleichterten Zugangs zu Bitcoins und Altcoins. Die Kryptobörsen dürften hier für die größtmögliche Vereinfachung sorgen: In ihrem Fall ist eine eigene Netzwerk-Adresse mit zugehörigem Private Key nicht erforderlich. Auch die Anbieter von Software Wallets sind darauf bedacht, die Nutzer angesichts der schwer zu merkenden kryptografischen Schlüssel und Adressdaten zu unterstützen. Sich nur ein Passwort merken zu müssen, ist bequem, vor allem, wenn es im Falle des Vergessens wiederhergestellt werden kann. Für die Verwertung im Rahmen einer Insolvenz ist diese Entwicklung ebenfalls von Vorteil. Es ist im Sinne einer erfolgreichen Durchsetzung der Pflichten des Schuldners nach § 98 InsO wahrscheinlicher, dass er sich das Passwort (ggf. seines E-Mail-Postfachs) gemerkt hat, als die Erinnerung an Adresse und Private Key seiner Bitcoins bzw. Altcoins. Diese Erleichterungen bedeuten aber auch Unsicherheit: Gerade weil einzelne, bequeme Passwörter keinen absoluten Schutz bieten und Netzwerk-Adresse sowie zugehöriger Private Key genügen, um Transaktionen von überall auf der Welt vornehmen zu können, sind Speichermedien keine Wertspeicher. In jedem Fall sollte unmittelbar bei Zugriff der Transfer von vorhandenen Bitcoins bzw. Altcoins vorgenommen werden. Eine sicherere Sicherung vor dem Schuldner und Dritten gibt es nicht.

Nicht zuletzt schafft die Welt der Bitcoins und Altcoins eine besondere Transparenz: Sobald eine Netzwerk-Adresse des Schuldners bekannt ist, kann sie in den meisten Fällen jederzeit und von jedem Rechner aus unter Verwendung eines Block Explorers eingesehen werden. Sämtliche Transaktionen, alt wie neu, sind dann öffentlich dokumentiert. Behauptet also ein Schuldner, er könne sich an seinen Private Key nicht mehr erinnern, und fanden kürzlich oder finden von seiner Netzwerk-Adresse aus Transaktionen statt, sagt er möglicherweise die Unwahrheit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht einsehbar ist, wer tatsächlich die Transaktion vorgenommen hat. Es bleibt immer eine Wahrscheinlichkeit, dass es nicht der Schuldner persönlich war. Das Risiko eines „Hacks“ von Wallet Software oder Kryptobörsen ist real. Nicht nur der Insolvenzverwalter kann leichter Zugriff erhalten. Weil der Schuldner einen „Hack“ natürlich auch schlicht behaupten kann, bedarf es einer umfassenden Sachverhaltsprüfung. In der Regel wird ein Angriff, z.B. auf eine Kryptobörse, breit in den einschlägigen Medien diskutiert. Die Auswirkungen im jeweiligen Netzwerk können nicht zuletzt über Block Explorer nachverfolgt werden.

Der Beitrag selbst kann aufgrund der vielfältigen und zahlreichen Wallet-Lösungen nur einen groben Überblick bieten. Wer als Insolvenzverwalter wenig Bezug zu Computerhard- und Software sowie Bitcoin und Co. hat, ist also gut beraten, sich fachkundige Unterstützung an die Seite zu holen, v.a. wenn die gerichtliche Durchsetzung der Schuldnerpflichten an der menschlichen Erinnerung zu scheitern droht. Dies gilt auch dann, wenn die fehlende Erinnerung nur vorgeschützt sein dürfte.

 

Über die Autorin

Claudia Otto ist Rechtsanwältin und Gründerin der Kanzlei COT Legal in Frankfurt am Main. Sie berät zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung, u.a. der digitalen Transformation. Hierdurch kennt sie die Chancen und Risiken des Einsatzes technischer Hilfsmittel im Rahmen großer Umstrukturierungsprojekte aus mehrjähriger Beratungstätigkeit. Um Wissen zur Vereinbarkeit von Recht und Technologie breit verfügbar zu machen, hat sie im April 2017 die interdisziplinäre Fachpublikation Recht innovativ (Ri) gegründet.“

 

Bildnachweis: (©  Maxim_Kazmin - stock.adobe.com)



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